Maria Baur Maria Baur

Die Verantwortung, ehrlich zu sein

Früher hörte ich in Seminaren oft Sätze wie „Regel Nummer 1: Der Kunde lügt immer.“ Damals war ich erstaunt über diese Einstellung. Natürlich gibt es manchmal kleine Unstimmigkeiten – meistens aus Scham oder Unsicherheit. Einige Kunden wissen schlichtweg nicht, welche chemischen Behandlungen sie in der Vergangenheit gemacht haben oder können nicht genau sagen, was vorher mit ihren Haaren passiert ist. Aber eins habe ich gelernt: Die meisten Menschen wollen nicht absichtlich täuschen. Es geht vielmehr darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der man ehrlich und offen sein kann – und dafür brauche ich meine Intuition und Fingerspitzengefühl.

1. Vertrauen durch lockere und vertrauensvolle Beratung

In den Erstgesprächen verlasse ich mich stark auf meine Intuition. Ich spüre, wenn jemand unsicher ist oder etwas nicht ganz klar ist. Darum bemühe ich mich, jedes Beratungsgespräch so locker und offen wie möglich zu gestalten, damit man merkt: Bei mir kann man über alles reden. Wenn jemand zum Beispiel Angst hat, dass die Haare zu kurz geschnitten werden, lasse ich sie lieber etwas länger, weil ich weiß, dass sie trocken oft noch stärker springen. Indem ich auf diese Details eingehe und erkläre, warum ich manche Dinge anders mache, treffe ich oft auf Vernunft und Verständnis. Sollte das mal nicht der Fall sein, dann merke ich das auch – und dann entscheide ich manchmal, lieber keine Behandlung vorzunehmen. Ein Nein auszusprechen ist mir lieber, als jemanden zu enttäuschen.

2. „Nein“ sagen, statt falsche Hoffnungen zu wecken

Ein klares „Nein“ fällt mir oft nicht leicht, denn auch ich war lange Zeit gefangen in der Rolle des People-Pleasers. Aber heute sehe ich es so: Ein Nein ist oft wertvoller als ein Ja, das am Ende nur enttäuscht. Wenn ich nein sage, dann immer mit dem Gedanken an das Wohl der anderen – ich sorge mich um die Gesundheit ihrer Haare und um ihre Zufriedenheit mit dem Endergebnis. Ein „Nein“ kann das größte Zeichen der Fürsorge sein, weil es ehrlich ist und nicht falsche Hoffnungen weckt.

3. Dankbarkeit für die Ehrlichkeit

Der Dank kommt oft nach der ersten Sitzung: Kunden sind begeistert, wenn sie sehen, wie gesund und gepflegt ihr Haar trotz Farbveränderungen aussieht. Ich gehe immer auf die Gesundheit der Haare ein und erkläre, warum ich bestimmte Techniken bevorzuge – softe, schonende Methoden, die den Glanz und die Struktur des Haares erhalten. Es macht einfach keinen Sinn, Haare radikal zu verändern, wenn sie danach stumpf und schwer zu pflegen sind. Bei extremen Veränderungen, wie zum Beispiel von Schwarz auf Blond, empfehle ich eine sanfte Herangehensweise, die das Haar schont und die beste Grundlage für langfristige Schönheit schafft.

4. Wenn es nicht passt, dann ist das auch in Ordnung

Ehrlichkeit bedeutet auch, dass ich ab und zu Menschen ablehne. Wenn ich spüre, dass wir als Mensch und Kunde nicht zusammenpassen, dann ist es oft besser, das gleich anzusprechen. Auch das ist nicht immer leicht, aber am Ende des Tages weiß ich, dass ich zu mir und meiner Arbeit stehen kann. Ich lerne dabei auch viel über mich und weiß, dass ich mich und meine Werte ständig weiterentwickeln kann.

5. Ehrlichkeit als Nachhaltigkeit

Ehrlichkeit bedeutet auch, sich der Realität zu stellen – und das ist nicht immer rosig. Mein CO₂-Fußabdruck ist hoch, das ist eine Tatsache, die ich durch nachhaltige Ansätze zu verbessern versuche. Durch meine Offenheit schaffe ich es jedoch oft, auf Verständnis zu stoßen, wenn ich vielleicht auch mal anecke. Ich finde es schön, wenn Menschen mir ihre eigene Philosophie erklären und ich etwas Neues lerne. Vielleicht inspiriere ich jemanden, ein anderes Mindset zu entwickeln – oder ich selbst nehme etwas Positives mit.

Auch wenn es manchmal schwer ist: Ehrlichkeit erlaubt es mir, die besten Ergebnisse zu erzielen und eine tiefe Verbindung zu meinen Kunden aufzubauen. Am Ende bleibt vielleicht nur ein besseres Verständnis und mehr Wertschätzung füreinander – und das ist für mich der größte Gewinn.

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Maria Baur Maria Baur

Was wäre, wenn die Wände sprechen könnten?

In meinem Salon gibt es einen Zauber, der über das einfache Frisieren hinausgeht. Es ist ein Safe Space, ein Ort, wo man einfach sein kann – ohne Masken und ohne Vorurteile. Hier teilen wir nicht nur Frisuren, sondern auch Geschichten.

Ich habe gelernt, dass es beim Frisieren nicht nur um den Look geht. Es geht darum, zuzuhören und die Herzen der Menschen zu berühren. Wenn Kund*innen zu mir kommen, bringen sie oft ihre Sorgen und Träume mit. Manchmal erzählen sie von ihrem Weg, ein neues Business zu gründen. An anderen Tagen geht es um tiefgreifende Verluste und Trauer. Diese Gespräche sind kostbar und oft ein bisschen heilsam.

Was hier gesagt wird, bleibt im Raum. In einem kleinen Dorf, wo Klatsch und Tratsch schnell die Runde machen, ist dieses Vertrauen das Herzstück unserer Gemeinschaft. Ich habe festgestellt, dass viele offener mit mir reden als mit ihren eigenen Freunden. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht nur ihre Stylistin bin, sondern auch jemand, der wirklich zuhört und ein offenes Ohr hat.

In diesem Salon verschwimmen die Grenzen zwischen „Kunde“ und „Freund“. Es sind die kleinen Momente – das Lachen, das Teilen von Träumen, das gegenseitige Trösten –, die unseren Salon so besonders machen. Wenn die Wände hier sprechen könnten, würden sie von tiefen Verbindungen, von Mut und von all den Geschichten erzählen, die das Leben so schön machen.

Wir sind mehr als nur Stylistinnen; wir sind Seelenkünstlerinnen, die einen Raum für Ehrlichkeit und Authentizität schaffen. Hier wird jeder Mensch wertgeschätzt, und jeder Besuch ist eine neue Gelegenheit, die Verbindung zueinander zu stärken.

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